Während der "Blütezeit" der katholischen Kirche im
Mittelalter entstanden zahlreiche Verbände, die religiösen Zielen nachgingen.
Zumindest vordergründig war dies ihr Einsatzzweck. Allerdings war wie so oft
die Gier groß und die ehemals hehren Ziele wurden über Bord geworfen. Die
Anhänger wurden machtpolitisch unschädlich gemacht und zur Zielscheibe der
öffentlichen Kritik. Die Zerstörung der zuvor von der Kirche gebilligten und
auch gewünschten Bündnisse oder sogar die Exkommunikation der Mitglieder waren
Maßnahmen, die der Papst unvorhergesehen einsetzten konnte. Dies bedeutete
immer den unumgänglichen Niedergang.
So ist es auch einer einflussreichen Gesellschaft ergangen, die anfangs im
Dienst des Herrn stand, schließlich jedoch aus niederen Beweggründen verraten
wurde und damit dem Untergang geweiht war. Die Rede ist von den Templern oder
genauer den "Tempelrittern", neben den Freimaurern die wichtigste
Geheimgesellschaft.
Im 11. Jahrhundert wurde das Christentum vehement von
anderen Religionen angegriffen. Die heilige Stadt Jerusalem war von den Türken
eingenommen worden. Papst Urban II. rief deshalb dazu auf, die Heilige Stadt
zurückzuerobern und ist damit als Begründer der Kreuzzüge anzusehen. Dieses
Ereignis sollte fatale Folgen für die kommenden Jahre haben.
Die Welt befand sich im Ausnahmezustand: Viele tausend gläubige Christen
verließen ihr Heimatland und zogen in den "Krieg gegen die
Ungläubigen". Freilich sah nur ein Bruchteil der Kreuzfahrer die Heimat
ein zweites Mal wieder. Die große Masse erreichte dagegen nicht einmal das Ziel
Jerusalem, sondern wurde bereits auf dem Weg von Sarazenen ausgeraubt,
versklavt oder umgebracht. Die begeisterten, hochmotivierten Christen ließen sich
von Rückschlägen jedoch nicht abhalten. Peter von Amiens zog mit einem Heer,
das eher wie eine "Bauernschar" anmutete, nach Afrika und erlitt eine
katastrophale Niederlage. Die "Krieger" waren praktisch ohne
Bewaffnung und Ausrüstung in den Gefechten vernichtend geschlagen worden.
Gottfried von Buillon versuchte es erneut und hatte 1099 Erfolg: Er hatte
französische, flämische und normannische Ritter um sich versammeln können und
vermochte damit Jerusalem zurückzuerobern. Er gründete dort ein "christliches
Königreich".
Somit war der Weg frei: Schätzungen zufolge sollen 1118 Hugo de Payens,
Bernhard von Clairvauix und Johannes Michaelensis in den Ruinen des Tempels von
Jerusalem die "Arme Ritterschaft Christi vom salomonischen Tempel"
gegründet haben. Hugo de Payens wurde der erste Großmeister des Ordens.
Johannes Michaelensis legte Riten und Statute schriftlich fest. Das Emblem der
Templer ist ein Pferd, auf dem zwei behelmte Ritter mit Schild und Speer
sitzen. Dies symbolisiert Brüderlichkeit und Armut.
Die eigentliche Aufgabe der Tempelritter war die Sicherung
des Weges von Europa nach Israel. Sie legten zahlreiche befestigte Wege an und
bewachten diese. Allerdings wuchs der Orden schnell und die Mitglieder gaben
sich damit nicht mehr zufrieden. 1129 wurden schon 300 Mitglieder gezählt, die
aus allen Bevölkerungsschichten kamen. Auch Reiche fanden sich darunter. Die
teilweise ausgebildeten Krieger mischten nun immer mehr in den Gefechten um
Jerusalem mit. Mehrere Kreuzzüge endeten wiederum in erbärmlichen Niederlagen.
Interessant ist die Tatsache, dass der Orden von Anfang an unter der Obhut und
dem Schutz des Papstes stand. Noch vor der Ordensgründung wurden die Ritter als
ungläubige Schurken verurteilt, "Ehebrecher, Plünderer, Mörder" eben.
Der plötzliche Sinneswandel der Kirchenoberhäupter war für die Historiker
zunächst überaus rätselhaft. Wieso wurde eine militante Gruppe plötzlich
geduldet, obwohl allen anderen Ordensmitgliedern das Tragen von Waffen
strengstens verboten war?
Man geht heute davon aus, dass die Kirche die Tempelritter gebilligt hat, um
das erhebliche Gefahrenpotential, das von den Rittern ausging, zu kanalisieren,
indem man ihnen einen Auftrag gab, der sie eine Weile "in Schach"
halten würde. Man könnte auch sagen, die Kirche fürchtete das Machtpotential,
das von den Kriegern ausging, und wagte die Flucht nach vorne, um einer Gefahr
zu entgehen, die sich erst am Horizont abzeichnete.
Ganz unbegründet war diese Furcht jedoch nicht. Der Klerus war im 12.
Jahrhundert bereits mehrmals in Kritik geraten, weil die Bischöfe in den Augen
der Bürger nicht ihrer eigentlichen Aufgabe, der Seelsorge, nachkamen.
Stattdessen hatten Sie weltliche Besitztümer, waren Eigentümer großer
Landmassen und lebten in Prunk und Verschwendung. In der Tat bestand die
Gefahr, dass sich die eigentlich neutralen Ritter auf die Seite des Volkes
schlagen würden und das in säuberlicher Kleinarbeit errichtete Kleinod der
Kirche niederreißen könnten. So wurden die Templer von den Päpsten gehegt und
gepflegt, um sie bei Laune zu halten. Seit Papst Innozenz II. (1130-1134)
erhielten die Ritter finanzielle Zuschüsse und wurden von Steuern und der
Abgabe des "Zehnten" befreit.
Der Orden wuchs ins Unermessliche. Waren es im Jahre 1129 noch 300 Mitglieder,
so schätzt man die Bruderschaft in ihrer Glanzzeit auf 3.000 bis 20.000
Mitglieder - die Gemeinschaft musste schließlich untergliedert werden, um
besser verwaltbar zu sein. Die Ritterschaft war jetzt so mächtig, dass sich
reiche Kaufleute Schutz erkauften. Als Gegenleistung erhielten die Brüder Geld,
Güter und Grundstücke, die sofort in den Besitz des Ordens übergingen. Es
entstand eine Art Staat im Staate, ähnlich den Kirchengütern, die Deutschland
in zahllose, separat regierte Flecken zerrissen. Diese Entwicklung stand
natürlich in krassem Gegensatz zum ursprünglichen Armutsgelübde. Allerdings
lernten die Templer mit hohen Geldsummen umzugehen - sie erfanden Jahrhunderte
vor Augsburgs Fuggern das Bankwesen und sind damit als Begründer des
Wechselgeschäfts anzusehen.
Wollte ein Händler nämlich in einer fernen Stadt Waren einkaufen, musste er
immer Münzgeld mitnehmen. Er war damit ein leichtes Ziel für Wegelagerer und
Räuber, die ihm auf seiner Reise auflauerten. Jetzt konnte er in seiner
Heimatstadt zu einer "Bank" gehen und dort einen Geldbetrag gegen
einen Wechsel eintauschen, der auf seinen Namen ausgestellt war. Für Räuber war
der Wechsel wertlos, nur sein Besitzer vermochte ihn in einer Bank in der
fernen Stadt wieder einzulösen.
Das Ausmaß dieser Aktivitäten nahm bislang unbekannte Formen
an. Weil die Templer so erfahren im Umgang mit Geld waren, vertrauten die
Reichen Ihnen die Vermögensverwaltung an; sogar Schätze von Fürsten standen
unter der Obhut des Ordens. Auch die Steuern ließ man von dem Tempelrittern
eintreiben.
In den Augen vieler Kirchen- und Landesoberhäupter waren die Templer nun zu
einer Gefahr geworden. Es war jedoch viel zu spät, um den Orden formal
aufzulösen, wollte man keinen Krieg riskieren. Um das Problem zu lösen, bediente
man sich zahlreicher Intrigen, in die Mitglieder des Ordens verwickelt wurden.
In den Protokollen der Verhöre von ehemaligen Mitgliedern tauchten
Verdachtsmomente auf, die die Auflösung des Ordens beschleunigen sollten. So
leitete Frankreichs König Phillip der Schöne am 24. August 1307 eine
"Untersuchung" ein, die sich mit den Gerüchten auseinandersetzen
sollte, die Templer würden Gott lästern, ein Staatsverbrechen!
Phillip faszinierte der unumschränkte Reichtum des Ordens, er wollte Teilhabe
an den Tempelschätzen. Dazu stand ihm der strikt organisierte Orden schlicht im
Wege. Am 12. und 13. Oktober 1307 begann der Untergang einer der mächtigsten
Geheimgesellschaften der Geschichte: In einer Nacht- und Nebelaktion ließ man
alle Tempelritter in Frankreich verhaften und einsperren. Am 16. Oktober hatte
Phillips Aufforderung, alle Templer in Europa zu verhaften, auch die
Landesfürsten der restlichen Länder erreicht. Der Befehl wurde durch den Papst
im November 1307 ratifiziert und umgesetzt. Die Verhöre lieferten schnell
Erkenntnisse zu den Vorwürfen. "Geständnisse" wurden veröffentlicht,
die Gotteslästerungen, Unzucht und unsittliche Orgien eingestanden. Die
Berichte sind großenteils so grausam, dass auf ihre Wiedergabe an dieser Stelle
verzichtet werden soll.
Dass die Geständnisse freilich herausgepresst wurden und jeglicher Wahrheit
entbehrten, belegen zahlreiche Dokumente. Piosard de Gizy berichtet in einem
Brief von 1309, dass er drei Monate vor dem Gefängnis des Erzbischofs von Paris
in einer Grube eingesperrt worden sei. Man habe ihm nur Brot und Wasser
gereicht; die Hände seien ihm hinter dem Rücken so fest verschnürt worden, dass
Blut aus den Nägeln tropfte. Er sei mittlerweile bereit, alles auszusagen, was
man wünsche, bereit, Feuertod, Tod durch Verbrühen oder Enthaupten zu erdulden,
wenn nur die Qualen endlich aufhörten, die ihn seit mehr als zwei Jahren
plagten.
Allerdings sollte sich das Blatt noch einmal wenden. Jaques de Molay widerrief am 26. August
1308 sein "Geständnis" und wollte sich vor dem Papst selbst
rechtfertigen. Schließlich hatte Papst Innozenz IV. (Pontifikat 1243-1254)
entschieden, die Templer seien nur dem Papst selbst Rechenschaft schuldig.
Jaques sah die praktizierte Vorgehensweise als Rechtsbeugung an. Papst Clemens
V. war sich des Ernstes der Lage natürlich bewusst. So gab er 1308 bekannt, er
zweifle stark an der Echtheit der Befragungsprotokolle und entband die
Inquisitoren von ihrer Aufgabe. Er selbst werde den weiteren Fortgang in die
Hand nehmen. Für die Templer war dies ein Lichtblick. Sollte sich das drohende
Schicksal noch einmal von ihnen abwenden?
Die Hoffnung war indes vergeblich. Auf Drängen von Phillip wurden die
Inquisitoren wieder eingesetzt - erst im Mai 1311 waren die Befragungen zu Ende.
Bis zuletzt war der Papst jedoch nicht von der Schuld der Templer zu
überzeugen. Aus "führsorglicher Rücksichtnahme auf das allgemeine Wohl und
mittels päpstlicher Verordnung" löste er jedoch unter dem Druck der
Öffentlichkeit am 22. März 1312 den Orden der Tempelritter offiziell auf. Die
Aktivisten wurden schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt, weil ihnen keine
unmittelbare Schuld nachgewiesen werden konnte.
Interessant erscheint hier die Anekdote, dass Jaques de Molay gegen Ende des
Prozesses noch einmal laut wurde und alle Anschuldigungen für erlogen hielt.
Auch Gottfried von Charney begehrte auf und zeigte sich entrüstet. Beide
meinten, sie hätten den Tod nur deshalb verdient, weil sie unter der Folter
schwach geworden seien und falsches Zeugnis abgelegt hätten. Der Aufstand
sollte allerdings nicht ohne Konsequenz für die beiden letzten Großmeister
ihrer Zunft bleiben. Die Urteile wurden nachträglich in Todesstrafen
umgewandelt und beide Templer noch am Abend auf dem Scheiterhaufen bei vollem Bewusstsein
verbrannt. Als die Flammen emporschlugen soll Jaques de Molay König und Papst
verflucht haben, innerhalb eines Jahres ihn an der Himmelspforte vor dem
Gericht Gottes zu treffen. Weder König noch Papst überlebten die kommenden 12
Monate.
Der Untergang der Templer ist eine der spektakulärsten
Intrigen der europäischen Geschichte. Vieles bleibt im Dunklen. Was wussten die
Templer wirklich? Was wurde aus ihren Schätzen? Phillip riss zwar Gold und
Güter an sich, das sagenumwobene Heiligtum der Templer fiel ihm jedoch nicht in
die Hände. Der "Baphomet" - Stein der Weisen - soll höchstes Gut für
den Orden gewesen sein. Beschreibungen zufolge soll es sich dabei um einen
Kristall gehandelt haben, der wie ein rot leuchtender Menschenschädel aussah.
Diese Figur sei von den hohen Rittern angebetet und als Orakel befragt worden.
Diese rätselhafte Reliquie wurde jedoch nie gefunden. Über die Existenz lässt
sich nur spekulieren. Es heißt, es gab mehrere davon, wo? Es gibt Anzeichen
darauf, dass es sich um den "heiligen Gral" handelt - waren die
Tempelritter also auch Gralsritter?
Wir werden es nie erfahren. Spricht man heute die verbleibenden Templer darauf
an (sie wurden in den York-Ritus der Freimaurer eingegliedert), so sehen sie
ehrfürchtig auf und verweisen darauf, die Geschichte auf sich ruhen zu lassen.
Alternativtext: --> Vernichtung der Templer aus der Reihe DAMALS (1996)